“Gewöhnlich ist ein Leichnam ein stummes, unansehnliches Ding. Es gibt aber Leichen, die lauter reden als Posaunen und heller leuchten als Fackeln.” Rosa Luxemburg
April 2016
Dieses kleine Lazarett hatte ich lange Zeit überhaupt nicht auf meiner Liste. Trotz mehrmaliger Besuche in der Gegend ist es mir nie aufgefallen, aber es hat mich begeistert wie schon lange kein anderer Ort. Das lag nicht daran, dass es voll von alten Einrichtungsgegenständen oder Mobiliar war, sondern an einem wunderschönen natürlichem Verfall, ganz ohne Vandalismus oder Schmierereien, dafür aber mit zahlreichen abblätternden bunten Farben an den Wänden und einigen Kleinigkeiten die an die ehemalige Nutzung erinnerten.
Geschichtliche Hintergründe zum Lazarett zu finden war sehr schwierig. Erbaut wurde es bereits zu Kaiserzeiten um später von der Reichswehr als Standortlazarett übernommen zu werden. Damit wurde es zu einer festen militärischen Einrichtung für heilfürsorgeberechtigte Soldaten und deren Angehöriger und diente auch der Ausbildung von Sanitätspersonal. Um 1920 hatte das Lazarett eine Kapazität von etwa 50 Betten die in den folgenden zehn Jahren verdoppelt wurde. Am ehesten vergleichen kann man ein Standortlazarett wohl mit einem Bundeswehr-Krankenhaus.
Das oben genannte Zitat passt auf den ersten Blick so gar nicht hierher, auf den zweiten Blick schon etwas mehr. Es wurde in einer Zeitung von der Revolutionärin Rosa Luxemburg abgedruckt, deren Ermordung Anfang 1919 bürgerkriegsartige Unruhen ausgelöst hatte. Ihre stumme Leiche wurde damals in den Berlin Landwehrkanal geworfen, doch ihr helles Leuchten ist bis heute nicht erloschen. Als ein halbes Jahr später ihre vermutete Leiche aus dem Landwehrkanal gezogen wurde, hielt man es damals für besser den Leichnam hier im Garnisionslazarett in der Provinz zu obduzieren um erneute Proteste zu vermeiden. Noch heute hallen die benannten Posaunen nach, die jährlich stattfindende Liebknecht-Luxemburg-Demo ist noch immer die weltweit größte Gedenkkundgebung auf einem Friedhof.